Telepolis-Interview

Für Telepolis hat Marcus Klöckner mit Mathias Bröckers über die Neuausgabe von „Wir sind immer die Guten“ gesprochen“   :

Herr Bröckers, Ihr Buch kam 2014 auf den Markt. Wenn Sie nun zurückblicken: Sehen Sie sich in Ihrer Arbeit bestätigt?

Mathias Bröckers: Der Titel für die Neuausgabe des Buchs lautet „Wir sind immer die Guten“ – und das sind „wir“, der Westen, ja tatsächlich immer. Egal wie schief, wie falsch, wie katastrophal unsere Kriege und Interventionen auf der Welt laufen. Der Anlass für das Buch war der gewaltsame regime chance in der Ukraine und die damit einhergehende Dämonisierung Russlands und Putins, sowie die Tatsache, dass dieser Putsch von den Medien durch die Bank als „demokratische“ Revolution und Erneuerung verkauft wurde. Dass eigentlich nur ein eher russlandfreundlicher Oligarch an der Spitze durch einen nato-freundlichen Milliardär ausgetauscht und rechtsextreme, faschistoide Gruppen in Regierungs- und Machtpositionen gehievt wurden, kam und kommt in den Berichten hierzulande kaum vor. Tatsächlich ist die Ukraine heute dann auch eher auf dem Weg zu einem failed state als zu einem freiheitlichen Rechtsstaat und insofern kann man unsere Einschätzungen von 2014 durchaus bestätigt sehen.  

Im März gibt es dann ja Wahlen in der Ukraine.

Mathias Bröckers: Besser wird die Situation in dem Land dadurch aber nicht. Laut Umfragen hat Oligarch Poroschenko noch 15 Prozent Zustimmung und mit der knapp vor ihm liegenden Julia Timoschenko, der ehemaligen Regierungschefin und nach wie vor korrupten „Gasprinzessin“, ginge es vom Regen in die Traufe. Dass die besten Chancen derzeit ein Komiker hat, Wolodimir Selensky, der im Fernsehen einen guten Präsidenten spielt, illustriert das politische Theater in Kiew schon ziemlich gut.   Wer sollte Ihrer Meinung nach denn in der Ukraine Präsident werden?

Mathias Bröckers: Einer, der den Bürgerkrieg im Land beendet. Dieser ist aber nicht in Sicht. Realistisch betrachtet: Solange die Geldströme von USA, Nato und EU fließen, um die Ukraine zum Frontstaat gegen Russland aufzubauen, solange wird jede Regierung des nahezu bankrotten Lands die Aggression gegen Russen bzw. das Bild eines aggressiven Russland nach Kräften weiter schüren.  

Fassen Sie bitte zusammen: Was haben Sie in den Jahren nach Erscheinen Ihres Buches in Sachen Russland beobachtet?

Mathias Bröckers: Mit dem Betriebsunfall in den USA – der Wahl von Donald Trump – hat das Narrativ vom bösen Russland und dem ultrabösen Putin neue und geradezu groteske Dimensionen angenommen. Dass „russische Hacker“ die Wahlen manipuliert und mit Trump eine „Marionette Putins“, so Hillary Clinton, ins Weiße Haus gebracht hätten – diese Story wird seit nunmehr zwei Jahren in den US-Medien und auch bei uns rauf und runtererzählt. Auch wenn trotz mittlerweile zweijähriger Untersuchung durch einen Sonderermittler keinerlei Beweise für solche Manipulationen oder irgendwelche Absprachen zwischen Trump und Putin vorliegen, kann die unterlegene demokratische Partei im Verein mit den US-Leitmedien von dieser stumpfen Speerspitze gegen Trump nicht ablassen. Der Schock über den unerwarteten Wahlsieg dieses irren Außenseiters sitzt offenbar so tief, dass eigenes Versagen als Ursache nicht zumutbar ist und ein Sündenbock – Putin! – gebraucht wird, dem man die Schuld zuschieben kann.  

Sie nehmen die „Russiagate“-Story nicht ernst?

Mathias Bröckers: Wäre das Ganze nicht gefährlicher Ernst, könnte man über die ganze Geschichte nur lachen. Doch was hier geschieht, ist fatal: Um einen gewählten Präsidenten zu vertreiben, wird die demokratische Gewaltenteilung aufgehoben: Geheimdienste (CIA, NSA, MI6), Polizei (FBI) und Medien arbeiten Hand in Hand gegen einen gewählten Präsidenten, und vom Horrorclown Trump nachhaltig geschockte Demokraten, Liberale, Linke feuern diese totalitären Methoden sogar noch an. Dass es sich bei den Vorwürfen um eine lupenreine Verschwörungstheorie ohne konkreten Beweis handelt, scheint niemanden zu stören. Deshalb haben wir über „Russiagate“ für die Neuausgabe ein zusätzliches Kapitel geschrieben.   Weiter geht’s hier