„Leerstelle in der Berichterstattung“

Stefan Niggemeier, Medienjournalist der FAZ und ehemaliger Spiegel-Kolumnist, der bereits am vergangenen Wochenende unser Buch in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung lobte, legt nun auf seinem Blog nach und bezieht dort noch deutlicher Position:

Ein anderer Bestseller ist „Wir sind die Guten“ von Mathias Bröckers und Paul Schreyer. Es stellt viele unbequeme Fragen, an die Rolle der Amerikaner und des Westens im Ukraine-Konflikt — vor allem aber auch an die Medien, die diese Rolle so wenig hinterfragen. Es ist von seiner Haltung und seinem Tonfall mit Ulfkottes Pamphlet nicht zu vergleichen, aber es hinterlässt umso mehr das Gefühl, dass es hier eine Leerstelle gibt in der Berichterstattung der etablierten Medien.

Und dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, dass es in eben jenen Medien keine große Auseinandersetzung gibt über das Buch. Dass es nicht als Anlass gesehen wird, sich mit den Fragen, die es aufwirft, auseinanderzusetzen — und sei es, sie nüchtern und klar zu beantworten und der Analyse zu widersprechen. (…)

Mein subjektiver (und natürlich zu pauschaler) Eindruck ist, dass die Berichterstattung über die Vorgänge in der Ukraine von (…) Voreingenommenheit geprägt ist. Dass die etablierten deutschen Medien sich erstaunlich wenig mit den zweifelhaften Umständen der Revolution beschäftigt haben — Bröckers und Schreyer liefern Beispiele dafür.

Gerade das wäre aber nötig. Gerade in einem Konflikt, der so gefährlich ist und uns so sehr betrifft. Viele Medien wirken, als betrachteten sie sich als Teil der Auseinandersetzung; sie kämpfen mit und für „den Westen“ gegen Russland und seinen irren, gefährlichen, skrupellosen Präsidenten. Es ist nicht nur Gut gegen Böse, sondern sogar Wir Guten gegen Die Bösen.

Bröckers und Schreyer schreiben:

„Ob sie es selbst nun merkten oder nicht, viele Journalisten hatten im Frühjahr 2014 bereits in den Kriegsmodus geschaltet, dessen Logik vor allem besagte: Traue niemals dem Feind. (…) Im Ergebnis dient das Vehikel der ‚russischen Propaganda‘, ebenso wie der in anderen Zusammenhängen häufig verwendete Begriff ‚Verschwörungstheorie‘, einer pauschalen Abwertung und Ausgrenzung jeglicher missliebigen Information. Da die vorgeblichen Fakten ja vom Feind stammen und der Feind bekanntlich gerne lügt, ist eine weitere Diskussion von Einzelheiten überflüssig. Ende der Debatte also. Wir sind doch nicht blöd und glauben am Ende noch den Russen — so der mehr oder weniger unterschwellige Tenor.“

Es geht dabei nicht darum, der russischen Propaganda blauäugig gegenüberzutreten. Es geht darum, zu erkennen, dass dem russischen Propagandafeldzug nicht auf der anderen Seite Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit gegenübersteht; dass auch „der Westen“, die Nato, die „westlich orientierte“ Regierung der Ukraine diese Auseinandersetzung um die Meinungshoheit mit allen Mitteln führt. Und zu erkennen, dass es die Aufgabe freiheitlicher Medien ist, gerade diese vermeintlich eigene und vermeintlich gute Seite besonders kritisch unter die Lupe zu nehmen.

Ich vermisse dieses Bewusstsein in der Berichterstattung. (…)

Zum vollständigen Text hier.

 

Die Putin-Nichtversteher

Julian Augstein schreibt im Freitag:

„Fast schon trotzig bekennen sich die Autoren Mathias Bröckers und Paul Schreyer, die jüngst das Buch Wir sind die Guten veröffentlicht haben, ausdrücklich zur Fraktion der Putin-Versteher, um der propagandistischen Diskreditierung dieses Begriffs entgegenzuwirken. Was hat es nun jedoch damit auf sich, Putin verstehen zu wollen? Bröckers und Schreyer verweisen auf den US-Sicherheitspolitiker Zbigniew Brzeziński, der bereits 1997 in seinem Buch Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft die Metapher vom „eurasischen Schachbrett“ geprägt hat. Die Ukraine wurde darin zum Schlüsselstaat erklärt. Ohne dieses Land könne Russland kein Eurasisches Reich sein. Seitdem mag sich einiges verändert haben. So hat sich das Bruttoinlandsprodukt Russlands mehr als verdoppelt. Ende September bohrte der staatliche Konzern Rosneft ein gigantisches Ölreservoir in der Karasee im arktischen Ozean an, was auf weitere Ölvorkommen in der arktischen Region schließen lässt, sodass diese zu einem der wichtigsten Rohölfördergebiete der Welt werden könnte. Der Status Russlands als Energiemacht scheint sich damit weiterhin zu festigen. Und als Abnehmer stehen nicht nur die EU, sondern auch Indien oder China vor der Tür. Die Volksrepublik könnte ab 2017 mit einer eigenen Pipeline von Russland aus versorgt werden.“

„Appell für mehr kritischen Journalismus“

Stefan Niggemeier schreibt heute in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“:

„Deutschland erlebt, wie es der Publizist Friedrich Küppersbusch formuliert, gerade die „Einberufung zum Wehrdienst“ – und dabei hätten die Medien noch nicht einmal die Grundausbildung absolviert. Oft genug scheint es, als zögen sie mit in den Kampf, anstatt gerade auch die „eigene Seite“ mit der größtmöglichen Distanz zu begleiten. Das zeigt sich in der Reduzierung des Konfliktes auf einen Kampf gegen einen gefährlichen, unberechenbaren, bösen Mann: Wladimir Putin. Es zeigt sich im Schimpfwort von den „Putin-“ oder gar „Russland-Verstehern“. Es zeigt sich in der Marginalisierung von Stimmen und Nachrichten, die dem vorherrschenden Narrativ vom Aggressor Russland und dem Westen, der nur hehre Ziele verteidigt, widersprechen.

Mathias Bröckers und Paul Schreyer haben ein Buch geschrieben, das die andere, fehlende Perspektive enthält. „Wir sind die Guten – Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“ ist auch dann lesenswert, wenn einen die Nähe der Autoren zu Verschwörungstheorien schreckt und man ihre Analysen nicht teilt. Es dokumentiert genügend Merkwürdigkeiten in der Entwicklung dieses Konfliktes, die Anlass wären, seine vorherrschende schlichte Interpretation anzuzweifeln, kritische Fragen zu stellen, die Behauptungen nicht nur der russischen Seite, sondern auch des Westens und seiner Verbündeten in der Ukraine mit größtmöglicher Skepsis zu behandeln. Es ist letztlich ein Appell, sich nicht mit den einfachen Antworten, die in ein vorgegebenes Schema passen, zufriedenzugeben, ein ganz banaler Appell für mehr kritischen Journalismus. Auch dieses Buch verkauft sich gut und hat es auf die Paperback-Bestsellerliste des „Kultur Spiegels“ geschafft – aber keine große Debatte in den Medien ausgelöst, die es kritisiert. Dabei wäre auch das eine vertrauensbildende Maßnahme. Doch der „Spiegel“ stellte sich nicht einmal der Diskussion um sein Titelblatt „Stoppt Putin jetzt“ und den dazugehörigen Leitartikel, ein besonders bestürzendes Beispiel für Hurra-Journalismus, das Gewissheiten behauptet, wo bis heute Unklarheit herrscht, und markig ein „Ende der Feigheit“ gegenüber Putin, dem „Paria der Weltgemeinschaft“, fordert.

(FAS. 2.11.2014, S. 41)

Platz zwei in den Social Media Buchcharts

24.10.14 17:55-Bildschirmkopie-3Der Branchendienst „mediacontrol“ erstellt mittels Beobachtung von 100.000 Webdomains die „Social Media Buchcharts“, die die Relevanz von Themen bzw. in diesem Fall von Büchern in den sozialen Netzwerken messen. Dort wird unser Buch in der Sachbuchliste für September 2014 hinter Peter Scholl-Latours posthum erschienenen „Fluch der bösen Tat“ auf Platz zwei gelistet- und hat sogar „Darm mit Charme“ überholt, das die „Spiegel“-Bestesellerliste   für Paperbacks seit Wochen anführt. „Wir sind die Guten“ wird diese Woche dort auf Platz 6 geführt.

Diese Resonanz ist sehr erfreulich, zumal bisher außer der „Welt“ – mit einem ebenso vollmundigen wie nichtssagenden Verriss –   noch keine der überregionalen Zeitungen das Buch rezensiert hat. Das ergeht den meisten der zigtausend Neuerscheinungen zwar genauso, ist aber für ein Werk, das seit sieben Wochen zu den meistverkauften politischen Sachbüchern im Lande zählt, durchaus bemerkenswert. Andererseits aber auch kein Wunder, da die großen Zeitungen und Magazine in der Vergangenheit durch die Bank als „Nato-Versteher“ fungiert haben – da können „Putinversteher“ nur als persona non grata gelten und werden eben erst Mal ignoriert.

Dass dies in Zeiten des Internets freilich nicht mehr dazu führt, dass ein Buch unbekannt bleibt, sondern auch unter dem Radar der ehemaligen Leitmedien zu einem massenhaft gelesenen und diskutierten Bestseller werden kann – diese Entwicklung zeigt einmal mehr, welchem massiven Schrumpfungsprozess die einstige Deutungshoheit der Leitartikler und Alpha-Journalisten ausgesetzt ist. Diese Dissonanz zwischen veröffentlicher und öffentlicher Meinung zum Ukraine-Konflikt war ja einer der Auslöser und Gründe, warum wir dieses Buch geschrieben haben – und sie scheint sich auch in der Rezeption fortzusetzen: große Resonanz beim Publikum trifft auf Ignoranz der großen Medien.

„Kreml-Sprech mit Bröckers und Schreyer“

Nachdem unser Buch mittlerweise auf Platz 5 der Spiegel-Bestsellerliste vorgerückt ist, hat sich die WELT zu einem Verriss aufgerafft. Verfasst hat ihn eine junge ukrainische Journalistin, offenbar eine Maidan-Anhängerin mit ausgeprägtem Putin-Feindbild. Wenig überraschend bezichtigt sie uns der „Verbreitung einer proputinschen Rhetorik, gepaart mit einem eisernen Antiamerikanismus“. Der Begriff „Putinversteher“ sei auch keine Beleidigung, sondern eher noch eine Verharmlosung, denn, so die Rezensentin:

„Hinter diesem Wort können sich – wie hinter einer Maske – nun aktive Unterstützer der russischen Aggression verstecken und ähnlich wie der von ihnen angeklagte Westen predigen: ‚Wir sind die Guten.'“

Diese Argumentation erinnert an das Buch „Die Prinzipien der Kriegspropaganda“, zu denen die belgische Historikerin Anne Morelli unter anderem den Grundsatz zählt: „Wer unsere Propaganda in Zweifel zieht, arbeitet für den Feind und ist damit ein Verräter“.

So sieht es wohl auch die WELT …

Die Gesetze des Dschungels

Unter dieser Überschrift veröffentlichte die Tageszeitung „Neues Deutschland“ am 1. Oktober eine Rezension unseres Buches. Autor Tobias Riegel schreibt dort:

Der Essay in Buchform ist flüssig und unaufgeregt geschrieben. (…) Erholsam, weil den großen Bogen wieder etwas konkretisierend, ist Schreyers und Bröckers Fokussierung des Atlantic Council – stellvertretend für die nun so oft zitierten transatlantischen Netzwerke. Die Autoren beschreiben nachvollziehbar wie hier durch Zuckerbrot (Zugang, exklusive Informationen) und Peitsche (jederzeit mögliche Kontaktsperre) handzahme Journalisten herangezogen, gefüttert, am Tropf gehalten und mit Ruhm versehen werden – der jederzeit wieder entzogen werden kann.

Zur vollständigen Rezension hier.

PS: Derweil macht der Begriff „Putinversteher“ auch schon musikalisch die Runde.